Der Schiffsreeder August Cords zwischen Warin und Rostock
Eine mecklenburgische Geschichte
Text, Fotos, Abbildungen: Hans-Heinrich Schimler

Am 14. August 1859 erblickte in der mecklenburgischen Stadt Warin ein neuer Erdenbürger das Licht der Welt. Sein Vater war der ehelos gebliebene Gutsbesitzer August Georg Ortmann aus dem östlich von Warin gelegenen Schependorf. Dessen Vater Karl Ortmann hatte das Gut 1832 für seinen ältesten Sohn August gekauft. August Ortmann hatte sich um Warin verdient gemacht, in dem er in der Zeit um 1860 Land aus seinem Besitz für die Erweiterung des dortigen Friedhofs zur Verfügung stellte, wie zu erfahren war. Der Gutsbesitzer August Ortmann fand dort auch seine letzte Ruhestätte.

Wie aus dem Güter-Adressbuch für Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz des Jahres 1908 hervorgeht, war Schependorf eines der kleineren Güter in beiden Mecklenburgs.

August Ortmanns Sohn wurde auf den Namen August getauft. Seine Mutter Dorothea, geb. Rode heiratete den Wariner Handwerker Carl Cords, der nun der Ziehvater des kleinen Augusts wurde. Und dieser August Cords sollte schließlich eine enge Verbundenheit zwischen  seiner Heimatstadt Warin und der See- und Hafenstadt Rostock bewirken. Sein nicht erhalten gebliebenes Elternhaus stand in der heutigen Friedensstraße rechts neben dem alten Postamt. Im Jahre 1920 wurde das Haus abgerissen. Hausnummern gab es damals noch nicht.

Schon früh stand für den aufgeweckten Jungen fest, dass er seine Zukunft an der Ostsee suchen wollte. Ob dieser Wunsch daraus erwuchs, dass Warin eingebettet zwischen zwei Seen, dem Großen Wariner See und dem Glammsee, auch schon mit reichlich Wasser umgeben war, sei dahingestellt. Doch eher wird wohl doch der Wismarer Hafen, den er schon als Junge gesehen hatte, Anregung gegeben haben. Auf jeden Fall machte er sich nach dem Schulabschluss als Vierzehnjähriger auf den Weg, der ihn schließlich nach Rostock führen sollte. Dies nun sollte eine Entscheidung für sein zukünftiges Leben sein. 

Der junge August begann eine Lehre als Schiffsausrüster in der Firma Hans Molchin, i. Fr. J. G. Betcke Nachfolge in der Lagerstraße 22, nur wenige Schritte vom Rostocker Stadthafen entfernt. Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung blieb er als Mitarbeiter bei Molchin.
Am 1. April 1885 übernahm August Cords per Kauf die Material-Waren- und Schiffsausrüstungs-Branche des Unternehmens. Am gleichen Tag wurde die neue Firma auch in das Rostocker Handelsregister eingetragen. August war damals ein junger Mann von sechsundzwanzig Jahren und machte sich voller Elan an die Arbeit. Dass aus seinem neuen Geschäft einmal eine der bekanntesten Rostocker Reedereien werden sollte, war zu diesem Zeitpunkt allerdings wohl noch nicht abzusehen. Und doch sollte es dahin gehend ein gutes Stück zur Schifffahrts- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt beitragen.

Das Jahr 1885 brachte auch ein familiäres Ereignis. August heiratete Marie Jonas aus Schwaan. Es wurde ein Bund für das Leben der beiden Neuvermählten.

Am 1. April 1902 gründete August Cords zusammen mit Richard Schmidt vom Burgwall 47 die Reederei Cords & Schmidt. Doch schon zwei Jahre später war August Cords alleiniger Eigner der Reederei. Nun hieß es „August Cords, Kaufmann für Schiffsausrüstung und Farbenhandlung, Dampfschiffs-Reederei“. Und angesiedelt war er fortan in der Strandstraße 79. Sein familiäres Zuhause hatte er in der St.-Georg-Straße 106 in der Steintorvorstadt.

Doch August war auch über sein Unternehmen hinaus aktiv. So fungierte er als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Neptunwerft und war langjähriges Mitglied im Aufsichtsrat der Rostocker Bank. Eine weitere Funktion war seine Mitgliedschaft im Vorstand der Korporation der Kaufmannschaft. Vom Großherzog wurde er 1918 mit dem Titel Kommerzienrat geehrt. Darüber hinaus fungierte er seit 1906 als Vizekonsul des Königreichs Portugal. Der Titel erlosch mit dem Eintritt Portuals in den Ersten Weltkrieg. In seiner Freizeit war er als begeisterter Segler im Großherzoglich Mecklenburgischen Yachtclub in Gehlsdorf aktiv.

Bei all der unermüdlichen Arbeit verlor er jedoch nie den Kontakt zu Warin. Immer wieder gab er materielle Zuwendungen an seine Heimatstadt. Sein besonderes Interesse galt dabei dem von der Stadt angelegten Park auf der einstigen Bleiche zwischen dem Mühlenbach und dem Mühlendamm, der heutigen Wismarschen Straße.
Es war damals ein Feuchtgebiet, das zum großen Teil aufgeschüttet war. In der Zeit um das Jahr 1830 gab es seitens der Stadt Bestrebungen, auf dem Gelände einen Park anzulegen. Es war dies Teil des Gedankens, der Stadt ein moderneres Bild zu geben. Dem Wariner Gärtner Bernien trugen die Stadtoberen an, die Idee dieser Parkanlage umzusetzen. Und es sollte ein Englischer Garten werden. Das nun war ein Anliegen, das soweit gar nicht hergeholt war. Die englische Gartenkultur war damals in ganz Europa beliebt, hatte sie doch einen außerordentlich guten Ruf. Und so hieß der neue Park dann auch „Englischer Garten“.

In der von dem Wariner Ortschronisten Heinrich Beu geschriebenen Chronik der Stadt, die im Jahre 1933 erschien, ist zu lesen, dass der „Englische Garten“ im Jahre 1912 den Namen „August-Cords-Park“ erhalten hat. Allerdings ist dieses Datum nicht wirklich belegt. Dennoch war aus dem Englischen Garten nun ein Bürgerpark geworden. Bei aller Veränderung blieb der alte Baumbestand alles in allem erhalten.

In Unterlagen der Stadtverwaltung ist dazu folgendes zu lesen: „Mit der Sanierung des Parks im Jahre 2013 wurden die vorhandenen Strukturen zum Gesamtbild eines Parks neu zusammengefügt und neue städtebauliche Bezüge hergestellt. Dazu gehörten Gestaltungsmaßnahmen bezüglich Wegeführung und Baumbestand innerhalb des Parks und die Verbesserung der Außenwahrnehmung sowie die Anbindung an das Stadtgebiet. Unter Einbeziehung der Anwohner wurde die angrenzende Anliegerstraße optisch dem Park angeschlossen und bietet dennoch ausreichend Fahr- und Stellflächen. Eine neue Wegeanbindung öffnet den Park nach Süden und bietet neue Aufenthaltsräume außerhalb der Parkflächen.“

Die Stadt Warin verlieh August Cords angesichts seiner Verdienste um die Stadt und großzügiger Spenden die Ehrenbürgerschaft. Die Bezeichnung „Englischer Garten“ hat sich bei Einheimischen dennoch lange gehalten. Auch halboffiziell. Zu berichten ist noch, dass bei manch „ollen“ Warinern immer noch mal vom „Englischen“ die Rede ist, wenn es um den August-Cords-Park ging.

Am 14. September 1918 ist in der „Wariner Zeitung“ zu lesen, dass zur „Verschönerung des August-Cords-Parks von Konsul August Cords 5000 Mark gespendet worden sind“ und dass der Magistrat eine Kommission aus einem Magistratsmitglied und drei Ausschussbürgern gebildet habe, die ein Projekt dafür ausarbeiten solle. Während des 1. Weltkriegs spendete Cords über die Zuwendung für den Park hinaus auch mehrfach für notleidende Wariner Familien, was nicht unerwähnt bleiben soll.

Als man 1920 über ein Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs diskutierte, beschrieb Bauunternehmer Adolf Ehlers in einem Leserbrief an die „Wariner Zeitung“ einen Standort: „im Englischen Garten, jetzt August-Cords-Park genannt“.
Weiter heißt es: „Die Umbenennung des Parks muss zwischen 1912 und 1918 erfolgt sein. Statt 1912 könnte die Umbenennung 1914 erfolgt  sein. Da ist Konsul Cords 55 Jahre alt geworden. „Es ist ein Jahr, wo uns die Lokalnachrichten fehlen. Das würde auch erklären, dass keine Zeitungsmeldung zur Umbenennung vorliegt“ ist dazu zu lesen.
Zur Erstbepflanzung der vom Wariner Gärtnereibesitzer Bernien vorgenommenen Anlage des Parks ließen sich keine Aussagen finden. In den Aufzeichnungen zur Umgestaltung Ende des 19. Jahrhunderts sind die Anpflanzungen von alten Stieleichen, Rosskastanien, Hainbuchen, Rotbuchen, Berg-Ahorn und Winterlinden nachgewiesen.
2013 wurde seitens der Stadt eine Neugestaltung des Parks in Auftrag gegeben. Dabei wurden Stiel-Eichen, Rot-Eichen, Winterlinden und eine Farnblättrige Buche gepflanzt. Der Altbaumbestand fand damit eine erfreuliche Ergänzung. Eine alte, am südlichen Ende des Parks stehende Eiche genießt als einziger Baum des Parks Schutzstatus. Dazu ist zu berichten, dass die Eiche 1927 zu Ehren des 80. Geburtstages von Hindenburg mit dessen Genehmigung „Hindenburg-Eiche“ genannt wurde.
Der August-Cords-Park erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit.

Als August Cords am 8. November 1919 starb, verlor Rostock einen angesehenen Bürger. Die Traueranzeigen in den Rostocker Zeitungen kamen über die Familie hinaus von seinen Mitarbeitern in der Firma, den Kapitänen und Offizieren seiner Schiffe, der Neptunwerft und der Rostocker Bank sowie auch von Rat und Stadtverordnetenversammlung in Warin, die damit ihrem Ehrenbürger eine letzte Ehre erwiesen. August Cords wurde auf dem Rostocker Alten Friedhof am Saarplatz beigesetzt. Das Grab gibt es heute nicht mehr.

August Cords Sohn Carl übernahm nun das Unternehmen. Carl Cords gab 1921 zwei Neubauaufträge an die Bremer Atlas-Werke. Damit begann er die Modernisierung seiner Flotte.

Im Privaten ließ er für sich und seine Familie in Gehlsdorf ein in Backstein aufgeführtes Eigenheim errichten.

Schwere Einbrüche und schließlich das Ende der Reederei August Cords in Rostock brachten die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg. Am 1. Mai 1945 bestieg Carl Cords mit seiner Familie seine seit langem ungenutzte Yacht „lris“ und floh vor der anrückenden Roten Armee nach Schweden. Die Segelyacht war ein solides, auf der Warnemünder Krögerwerft gebautes Schiff. Fuß fassen konnte er in Skandinavien nicht.

Am 3. April 1948 wurde die Firma Aug. Cords noch von Schweden aus in das Lübecker Handelsregister eingetragen.
Schließlich kehrte die Familie Cords nach Deutschland zurück und ließ sich in Bremen nieder. Am 28. September 1948 wurde die Reederei Aug. Cords & Co. G.m.b.H.  in das Bremer Handelsregister eingetragen. Mit den neugebauten Schiffen „Edda Cords“ und „Karin Cords“ schuf der Reeder an der Weser eine neue solide wirtschaftliche Basis für sich und seine Familie. Das unwiderrufliche Ende kam mit dem Tod Carl Cords am 19. April 1970. Nach sechsundachtzig Jahren wurde die Reederei Aug. Cords und Cords & Co. G.m.b.H. im Handelsregister gelöscht.

Zu berichten ist darüber hinaus, dass mit dem Urenkel von August Cords, dem Mediziner Professor Dr. med. Wolfgang Schareck, ein Familienmitglied nach Rostock kam und hier mit seiner Familie sesshaft wurde. Am 1. Mai 1994, kam er gemeinsam mit Prof. Ulrich Hopt als dessen Stellvertreter in die Klinik für Allgemeine Thorax-, Gefäß- und  Transplantationschirurgie an die Rostocker Universität. Im Jahre 2001 übernahm er die Klinik. 2002 folgte der Ruf auf die Professur für Gefäß- und Transplantationschirurgie. Im Jahre 2009 wurde Professor Schareck Rektor der Universität Rostock. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Ausscheiden im April 2023. So hat sich in unserer Stadt ein Familienkreis geschlossen, der seinen Platz in der Geschichte Rostocks hat.

 

Das Gutshaus in Schependorf Das Ortmanngrab auf dem Wariner Friedhof Das Haus der Familie Cords (links) Der ehemalige Standort des Cordshauses Am Markt in Warin Das Restaurant Taun´ Sandhaas in Warin Der Wariner See Der Glammsee Der Glammsee Geschäftsübergabe Molchin August Cords Marie und August Cords August Cords Annonce im Adressbuch 1901 Annonce im Adressbuch 1922, Branchenverzeichnis Das Firmengebäude der Reederei August Cords Der Dampfer Otto Cords Der Dampfer Lisbeth Cords Besatzungsmitglieder der Charlotte Cords Landgang wohl in Madeira Trauerannoncen für August Cords Carl Cords Das Wohnhaus von August Cords ,1923 erworben, Dehmelstraße 18 Die Villa Cords in Gehlsdorf Der August Cords-Park Der August Cords-Park Der August Cords-Park Das Denkmal für die Gefallenen des I. Weltkriegs im August-Cords-Parks jquery photo viewerby VisualLightBox.com v6.1