HISTORISCHE ROSTOCKER BAUWERKE
Gerhart-Hauptmann-Str. 28 (Bahnhofsapotheke)

Die eindrucksvolle klassizistische Eck-Fassade vor 1914.

Detail der Fassade

Der Bismarckkopf an der Hauswand überdauerte alle Zeiten.

Im Jahr 2007 schloss die Apotheke.

Text und Fotos: Hans-Heinrich Schimler

Eines der bemerkenswertesten Bauwerke in der Rostocker Steintor-Vorstadt ist jenes Haus an der Ecke der Gerhart-Hauptmann-Straße, der früheren Bismarck-Straße, zur St.-Georg-Straße, das in der DDR als Bahnhof-Apotheke zu einem Begriff wurde. Es besteht, was auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen sein mag, aus zwei Adressen und ist neben seiner architektonischen Qualität ein Zeugnis für das Zusammenwachsen der vorhandenen mit der sich nach 1890 entwickelnden Vorstadt.

1889 hatte der Rostocker Baumeister Sidow das Haus St.-Georg-Straße 26 erworben. Das im Rostocker Adressbuch von 1870 erstmals erwähnte Haus gehörte zur mit den Jahren  gewachsenen vorstädtischen Bebauung. Ebenfalls 1889 hatte Sidow auch das benachbarte Grundstück Bismarkstraße 28 gekauft. Die Bismarckstraße aber war eine der drei geplanten Hauptachsen, in der 1890 die ersten drei Häuser bewohnt waren. Am 5. April 1890 wurde der „Neubau zweier Wohnhäuser für Herrn Bauunternehmer Sidow“ genehmigt. Daraufhin ließ er das alte Haus in der St. Georg-Straße abbrechen und errichtete den Doppelbau wie er auch heute noch steht. Mit seiner eindrucksvollen klassizistischen Eck-Fassade ist es zweifellos eines der interessantesten Bauwerke der Steintor-Vorstadt. Indes wurden an dem ursprünglich nur zu Wohnzwecken genutzten Haus nach der Lockerung der entsprechenden Vorschriften bauliche Veränderungen vorgenommen.

Nach zwei anderen Eignern erwarb 1906 Professor Dr. Hans Reinmöller, Lektor der Zahnheilkunde an der Universität Rostock, Spezialarzt für Zahn- Kiefer- und Mundkrankheiten und Privatdozent, das Gebäude.  Dann kaufte Ludwig Krugmann die beiden Häuser mit der einheitlichen Fassade. Am 1. Juli 1914 eröffnete der Apotheker seine Bismarck-Apotheke. Dazu wurde der Vorgarten teilweise weggenommen und ein Eingang zu den Geschäftsräumen geschaffen. Mehrere Umbauten, unter anderem nach einem vom Architekten Alfred Krause vorgelegten Entwurf im Jugendstil brachten architektonische Veränderungen mit sich. 1929 legte Diplom-Ingenieur Architekt W. Siegert den Entwurf für die Neugestaltung des Eingangsbereiches einschließlich der Schaufenster vor, auf den die heutige Gestaltung zurückgeht. Die Bismarck- Apotheke heißt, seit dem der Reichskanzler politisch aus der Mode kam, Bahnhof-Apotheke. Der Bismarckkopf an der Hauswand dagegen überdauerte alle Zeiten. Der Äskulapstab im Giebel kam in der Zeit Professor Reinmöllers dazu.

Ludwig Krugmann führte die Apotheke noch bis in das Jahr 1958. Dann übernahm seine Mitarbeiterin Erika Böttcher das Geschäft. Sie war schon seit 1955 dort als Apothekerin tätig. Sie war die Tochter des Universitätsapothekers und 1. Rostocker Kreisapothekers Ernst Weber. Er war der Besitzer der Brunnengräberapotheke und seit 1948 Mitglied der Scheele-Gesellschaft. 1976 wurde Heide-Marie Korduan Leiterin der Bahnhofapotheke. Im Jahre 2007 schloss die Apotheke.

Ludwig Krugmann übernahm 1920 auch das Haus St.-Georg-Straße 26. Zuvor hatte das Haus andere Eigner und Mieter. In den Jahren 1903/05 ist beispielsweise die Witwe Clara Hinstorff gemeldet. 1913 hatte Friedrich Brinkmann ein Dentallabor im Haus. So ist dieses Doppelhaus mit den zwei Adressen ein beredtes Beispiel für die Entwicklung der Steintorvorstadt.

 

 
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