HISTORISCHE ROSTOCKER BAUWERKE
Kröpeliner Straße 23 (Wohn- und Geschäftshaus)

Text und Foto Hans-Heinrich Schimler

Das Rostocker Haus Kröpeliner Straße 23 ist ein denkmalgeschützes Gebäude. Im Kern gotisch ist es in seinen Ursprüngen in das 14. Jahrhundert zu datieren. Und es ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich so ein Bauwerk im Laufe der Jahrhunderte veränderte. Die Jahreszahl 1585 an der Fassade verweist auf Umbauten einschließlich einer neuen Fassade im Stil der Renaissance. Darauf verweisen heute noch die Luken im Giebel. Der geschwungene Giebelabschluss kommt aus dem Barock. Die großen Fenster in der ersten und zweiten Etage sind 1908 eingebaut worden.

Anlass zu weiteren Recherchen gab die Jahreszahl 1585. Das Rostocker Grundregister erlaubt Rückschlüsse auf die damaligen Bewohner und hielt eine Überraschung bereit, die auch an ein Stück Universitätsgeschichte erinnert.

Der erste Eintrag nennt Frantz Schneverlinck anno 1543 als Eigner des Hauses. Dann aber ist mit dem Datum vom 16. März 1586 vermerkt, dass ein Johannes Frederus das Haus von David Chytraeus zum Brautschatz bekommen hat. Nachfragen im Archiv der Universität Rostock ergaben, dass es sich um zwei renommierte Theologieprofessoren handelte. Die Erwähnung des Brautschatzes besagt, dass Chytraeus das Haus als Schwiegervater schenkte. Mit einem Blick in die Biografien soll an die beiden Männer erinnert werden.

Johannes Frederus kam am 6. Januar 1544 als Sohn des Johannes Freder zur Welt. Die Mutter hieß Anna von Falcke. Der Vater war in seinen letzten Lebensjahren Superintendent in Wismar und starb 1562. Sohn Johannes besuchte Schulen in Hamburg, Stralsund und Greifswald. Im Mai 1562, im Todesjahr des Vaters, wurde er an der Rostocker Universität immatrikuliert. Fünf Jahre später, am 10. September 1567 erwarb Frederus den Baccalaurus und den Magister artium. Im April 1568 wurde er zum Inspektor der Regentie zum Einhorn berufen. Noch im gleichen Jahr, am 22. September ging er als Rektor an die Domschule zu Güstrow. Ostern 1572 wurde er fürstlicher Professor Caterecheos. Am 28. April 1573 heiratete Johannes Frederus Margaretha Chytraeus, die Tochter des David Chytraeus. Warum er den Brautschatz erst 1586 bekam, ließ sich nicht klären. Frederus kannte den Professor und Schwiegervater gut. Er hat ihn auf vielen Reisen begleitet. Ein Jahr nach der Schenkung, am 13. Juli 1587 wurde Frederus Doktor der Theeologie. 1591 schließlich hatte er mit der Ernennung zum fürstlichen Professor theol. secund, concil als Nachfolger von Simon Pauli einen weiteren Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Laufbahn errungen. Er wurde zum Superintendenten der Kirchen des Rostocker Kreises berufen. Am 4. Mai 1604 vollendete sich das Leben des Professors Johannes Frederus. Er wurde im Grab seines Schwiegervaters in der Rostocker Jakobikirche beigesetzt.

David Chytraeus war einer der bedeutendsten Theologen seiner Zeit. An der Rostocker Universität wirkte er von 1551 bis 1561 als Professor für christliche Katechese am Pädagogium und von 1561 bis 1600 als Professor der Theologie. In den Jahren 1563, 1567, 1573, 1585 und 1597 war er auch Rektor der Universität. Chytraeus, der eigentlich Kochhafe hieß, war am 26. Februar 1530 in Ingelfingen zur Welt gekommen. Sein Vater war Pastor. Sein Studium begann er 1539 an der Universität Tübingen. 1544 promovierte er dort zum Mag art.  1544 ging er an die Universität Wittenberg. Er wohnte dort im Hause Philipp Melanchthons. Die Berufung an das Pädagogikum der Universität führte ihn 1551 nach Rostock. Seine Aufgabe war die Verbesserung der humanistischen Studien und der Katechismusunterricht. Er hielt Vorlesungen über klassische Autoren wie Herodot und Thukydides. Außerdem veranstaltete er grammatische und rhetorische Übungen. 

1561 promovierte er an der Universität Rostock zum Dr. theol.1563 wurde er zum Professor ernannt und wurde im gleichen Jahr auch erstmals Rektor seiner Universität. Zahlreiche Schriften machten ihn über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Er verfasste theologische Werke wie „Catechisis“ und „Regulae vitale“, schrieb ein moraltheologisches Lehrbuch sowie didaktische und historische Schriften. Seine Studienanleitung „Regulae studiorum fand weite Verbreitung. Mit dem „Chronicon Saxoniae“ und der Geschichte der Augsburgischen Konfession, mit der er zum Begründer der Reformationsgeschichtsschreibung wurde, machte er sich einen Namen als Historiker. Als Universitäts- und Kirchenorganisator erlangte er eine besondere Bedeutung. 1556 entwarf er gemeinsam mit anderen Melanchthonschülern ein Reformprogramm für die Universität Rostock und neue, auf lutherischen Grundsätzen beruhende, Statuten für die Theologische Fakultät. Am Abschluss der „Formula Concordiae“ von 1563, einer Vereinbarung zwischen den Landesherren und dem Rat der Stadt über Struktur und finanzielle Absicherung der Universität war er in besonderem Maße beteiligt. Der 1575 gegründeten Universität Helmstedt kamen seine Erfahrungen, die er in der Universitätsreform gemacht hatte, zugute. Hohes Ansehen genoss er auch als Kirchenorganisator und Reformer. So konzipierte er 1569 eine Kirchenordnung für Österreich und 1574 eine für die Steiermark. Chytraeus war mit seinem Schaffen an der Rostocker Universität ein führender protestantischer Universitätslehrer und Universitätsreformer. Er starb am 25. Juni 1600 in Rostock.
 
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