Neuer Markt 12

Das Fenster im Treppenhaus berichtet von der Firma
 Brandenburg & Peuß.

Neuer Markt 12 um 1900
 
HISTORISCHE ROSTOCKER BAUWERKE
Neuer Markt 12 (Geschäftshaus)

Text und Fotos Hans-Heinrich Schimler
Foto Berth Brinkmann und Sammlung

Das Haus mit der Nummer 12 ist das dominierende Gebäude auf der Westseite des Neuen Marktes. Natürlich handelt es sich auch dabei wieder um einen im Kern mittelalterlichen Bau, der ins 15./16. Jahrhundert datiert wird. Es hatte zeitweise Braugerechtigkeit. Das Modernisierungsbestreben späterer Generationen bescherte ihm 1874 eine der Neorenaissance mit einem Schlenker zu barocken Stilelementen zugeordnete Fassade. Die Jahreszahl war noch bis nach 1930 unterhalb der den Giebel abschließenden Halbrosette zu sehen.

Das Haus hatte eine ganze Reihe von Eignern. Unter ihnen befand sich neben mehreren Bürgermeistern und Ratsherren vor 1600 der Vater des Kanzlers und Geheimen Rates am dänischen Hof Christoph von der Lippe. In der Folgezeit war das Haus unter anderem Domizil von Stadtkommandanten. 1872 gehörte das Haus dem Kaufmann Behm. Er verkaufte es an Bauinspektor Joachim Friedrich Christian Saniter, der zwei Jahre darauf mit den Umbauarbeiten begann. Ein über zwei Etagen reichender Erker wird mit einem Balkon abgeschlossen und prägt die mit in Nischen stehenden Vasen und Figuren und kleinen Türmen in den Giebeltreppen reich gegliederte Fassade.

Die Nutzung des Hauses war wie immer vielfältig. Seit 1905 gab es die Papierhandlung Arthur Mylan im Haus und das Adressbuch des Jahres 1913 verzeichnet die Krahnstöver-Tochter Lina Goßmann als Eigner. 1931 vertreibt die Firma Zarges Fahrräder und Automobile. Es gab aber auch eine Veränderung, von der das Haus noch heute berichtet. Neuer Besitzer wurde nämlich der Kaufmann Karl August Peuß. Er war Mitinhaber des 1919 gegründeten Norddeutschen Landwirtschaftlichen Rechnungsbüros Brandenburg & Peuß. Das B & P steht noch heute an jener Stelle, an der zuvor die Jahreszahl 1874 zu lesen war.

Im sehenswerten Treppenhaus wiederholt sich das Firmensignet in einem schönen zum Hof gehenden Fenster. Es zeigt neben dem Wappen der Firma auch die Stadtwappen von Stralsund, dem Stammsitz von Brandenburg & Peuß, sowie der Städte Berlin, Rostock und Schwerin, in denen es Geschäftsstellen gab.
Peuß war auch nach dem Krieg noch Besitzer des Hauses und wird im Adressbuch als Wirtschaftstreuhänder verzeichnet, wobei es die Firma B & P ebenfalls noch gibt. Neben einem weiteren Treuhänder hatte das Fachgeschäft für Geschenke Radloff & Wieland und, was sich besonders gut anhört, eine Kreiserfassungsstelle für Konfitüren ihren Sitz in dem schönen Haus.

Die Handelsorganisation der DDR, die HO, vertrieb seit 1952 Schuhe und Strümpfe, nachdem es seit 1932 schon das Schuhhaus „Solidus“ gegeben hatte. Der Strumpfladen blieb viele Jahre im Haus und auch das Geschäft „Buntspecht“ wird vielen noch in Erinnerung sein. So verkörpert auch dieses schöne Haus nicht nur Baugeschichte sondern auch vielerlei Rückblick auf das Schaffen der Menschen in unserer Stadt.

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