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HISTORISCHE ROSTOCKER BAUWERKE
Steinstraße 2 (ehem. Brandkasse)

von Hans-Heinrich Schimler (Text), historische Fotografien aus den Sammlungen Berth Brinkmann und Volkmar Baier

Am 11. Mai 1928 wurde in der Rostocker Steinstraße 2 das neue Haus der Mecklenburgischen Brandkassen feierlich übergeben. Zu dem 1924 zustande gekommenen Zusammenschluss mehrerer Feuerversicherer gehörten die Brand-Versicherungs-Gesellschaft der Ritterschaft und der Mecklenburgischen Städte, die Dominal-Brandversicherungsanstalt, der Feuerversicherungs-Verein für Mecklenburg in Güstrow und der Feuerversicherungs-Verein für kleinere Landwirte. Der Kieler Architekt Ernst Stoffers überreichte den Schlüssel an den Bauherrn, die Ritterschaftliche Brand-Versicherungsgesellschaft. Entstanden war ein repräsentativer Klinkerbau, der das sich verändernde Gesicht der alten Rostocker Straße nunmehr maßgeblich mitbestimmen sollte.

Damit es in allen Stürmen der Zeit geschützt sei, postierte sich der heilige Georg an der Ecke des Hauses schräg gegenüber dem Steintor. Der Drachentöter entstammt der Hand des Hamburger Künstlers Richard Kuöhl. Auf einem Sockel stehend, wehrt er dem Untier. Unter ihm wird ein Wappen von zwei Putten gestützt zwischen deren herabhängenden Füßen Name und Herkunft des Künstlers zu lesen sind. Das Wappen zeigt Stierkopf, Greif und Stargarder Arm, womit neben dem heute nicht mehr vorhandenen Namenszug Mecklenburgische Brandkassen zwischen dem zweiten und dritten Obergeschoss auf die landesweite Bedeutung des Baus und seiner Nutzung verwiesen wird. Über dem Portal des Hauses schüttet Fortuna ihr Füllhorn aus.

Neben seiner eigentlichen Funktion als Versicherungshaus diente der Bau auch mehreren Mietern als Geschäftshaus. Zum einen waren das die Rechtsanwälte von Oertzen und von Monroy, zum anderen gab es im Erdgeschoss Läden. Nutzer waren der Mecklenburgische Automobil- und Motorradvertrieb von Paul Kuligowski, der Damenfriseur Wilhelm Allwardt sowie der Konfitürenhändler Faßbender. Und auch das Zigarrengeschäft von C. Frese, Bremen zog ein. Möglicherweise wird auch er dem Herrn Georg vertraut haben. Die Steinstraße jedenfalls hatte ihren Charakter als Geschäftstraße weiter gefestigt.

Als eines von ganz wenigen Häusern der Steinstraße überlebte der Brandkassenbau den Zweiten Weltkrieg. Für vier Jahrzehnte wurde es vom Rat des Bezirkes Rostock genutzt. Heute hat die Oberfinanzdirektion dort ihren Sitz. Geschäfte gibt es nicht wieder. Auch heute würden sie die Steinstraße sicher noch mehr beleben.

Der Architekt Ernst Stoffers hatte mit diesem Bau eine besonders in Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg ausgeprägte norddeutsche Backsteinarchitektur nach Rostock gebracht. Der von Stoffers entworfene Speicher der Firma Satori & Berger in Kiel und Högers berühmtes Chile-Haus in Hamburg, mit dem auch Kuöhl auf das engste verbunden ist, sind prägnante Beispiele dafür.

Diese Backsteinbauten waren in jenen Jahren auch das Betätigungsfeld Richard Kuöhls. Der in Meißen geborene Bildhauer hatte in Dresden studiert und war dann über Berlin nach Hamburg gekommen. In der Hansestadt hinterließ er ein umfangreiches Werk. Er stattete nicht nur das Chile-Haus künstlerisch aus. Auch das Finanzamt am Gänsemarkt, die Davidwache, der alte Elbtunnel und die Gorch-Fock-Halle in Finkenwerder werden durch seine Plastiken geprägt.

 

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