HISTORISCHE ROSTOCKER BAUWERKE
St.-Georg-Straße 28 (Wohnhaus)
Text von Hans-Heinrich Schimler
Eigentlich mögen Denkmalpfleger keine Denkmal-Nachbauten. Doch gibt es natürlich auch dabei immer mal wieder Ausnahmen. Ein Ergebnis dessen ist seit kurzem in der St.-Georg-Straße zu bewundern. Mit der Hausnummer 28 steht dort seit 1914 ein nach Entwürfen des Architekten Paul Korff als Wohnhaus errichtetes Bauwerk. Allerdings sah das Haus immer ein wenig unvollkommen und irgendwie auch einsam aus, als fehle ihm der Zwillingsbruder, was so ganz verkehrt nicht ist. War dies doch lediglich die linke Hälfte eines zweiten symmetrischen Hauses, das die Nummer 28a erhalten sollte, jedoch nie gebaut wurde. Doch genau das wurde 90 Jahre später nachgeholt. Nach den Plänen des Architekten wurde der damals ausgebliebene Bau neu errichtet.
Was wohl hätte Paul Korff dazu gesagt? Möglicherweise hätte er sich ja zur Vollendung seiner Idee gefreut. Die heutigen Denkmalpfleger gaben jedenfalls ihren Segen zu dem Projekt. Obgleich, andererseits hätten sie sich genau so gut eine moderne Ergänzung des vorhandenen Baudenkmals vorstellen können. Nun aber steht er da, der neue Korff, und sieht exakt so aus wie der alte, ein wahrlich wundersamer und eben doch erfreulicher Anblick. Im Gegensatz zu anderen Bauten Korffs ist die Fassade hell geputzt und zieht ihren Reiz aus den für den Architekten charakteristischen Jugendstilornamenten. Außerdem sind die beiden oberen Etagen mit dem sehr betonten Erker besonders auffällig.
Nach dem ersten Eigner Simon wird das Baugeschäft von Wulf & Stehmann als Eigner genannt. Doch schon 1919 sind die Siemens-Schuckert-Werke im Besitz des Hauses. Weitere Bewohner sind 1921 noch der Baurat Otto Vogt und der Kaufmann Theodor Dreyer. Das Nachbargrundstück für den Zwillingsbau wird mit der Hausnummer 28 a noch als Bauplatz ausgewiesen und blieb schließlich unbebaut. Das Adressbuch von 1935 stellt diesen Zustand immer noch fest. Im vollendeten Teilbau hat sich neben den zur Aktiengesellschaft gewordenen Siemens-Schuckert-Werken noch die Siemens-Halske A. G. mit einem Ingenieurbüro eingemietet. Außerdem wohnen mit Fritz Liebetrut und Hans Wallé zwei Vorstandsmitglieder der Siemens-Schuckert-Werke im Haus. Seit 1949 wurde dann die RFT, die Vereinigung Volkseigener Betriebe Radio- und Fernmeldetechnik neuer Eigner des Hauses und sollte es für lange Zeit bleiben. Heute werden im Erdgeschoss Gewerberäume angeboten. In den Geschossen darüber gibt es Wohnungen. Und natürlich erhielt auch das Umfeld eine entsprechende Kur. Die alten hofseitig errichteten Gewerbeanbauten wurden abgerissen. Der Hof wurde begrünt.
Baudenkmal allerdings bleibt lediglich das alte, in diesem Zusammenhang restaurierte Haus. Allerdings ließe sich das neue betreffend in vielleicht 50 Jahren ja noch mal darüber reden. Wer weiß das schon. Schließlich war 1914 auch nicht von einem gerade errichteten Denkmal die Rede.
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