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HISTORISCHE ROSTOCKER BAUWERKE

Rostocker Jakobikirche
Reich und doch nicht erste Adresse

von Detlef Kuzia (Text) und Bildern aus den Sammlungen Volkmar Baier, Hans Joachim Vormelker und Berthold Brinkmann

Die Jakobikirche entstand am Ende des 13. Jahrhunderts nach St. Petri, St. Nikolai und St. Marien als vierte im Bunde der großen Rostocker Stadtkirchen. Als Baubeginn wird etwa 1300 angenommen. Bereits um 1280 gehörte nachgewiesen schon ein erster Ziegelhof vor dem Bramower Tor zu St. Jakobi. Erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts war das Gotteshaus vermutlich wesentlich vollendet. Dazu gehörte auch ein repräsentativer Marktplatz. Vermutlich wählte man den Heiligen Jakobus als Schutzpatron wegen des besonderen Ansehens in Spanien. Rostocker Schiffer steuerten damals zunehmend Spanien an und brachten an der Ostsee rare und teure Güter mit. Und natürlich war man immer mit im Bunde der Hanse und schaute auf die Nachbarn.

Anliegen der Bauherren der Neustadt war, die Jakobikirche größer und prächtiger zu gestalten, als alle vorherigen Gotteshäuser an der Warnow. Als Zeichen für ihren Reichtum im aufstrebenden Rostock. Wie viele Kaufleute an der Ostsee in Wismar, Stralsund, Greifswald, Riga oder Reval wollten sie Lübeck als Königin der Hanse in nichts nachstehen. So wurde als Bauform selbstverständlich die Basilika gewählt, mit kleinen Zugeständnissen an das bürgerlich-volkstümliche Bauempfinden. Bündelpfeiler, Blendwerke nach westlichem Vorbild und ein rechteckiger Chor waren das Ergebnis. Auch 30 Altäre gehörten zur Ausstattung, nur neun weniger als zur dann doch reicheren Gemeinde St. Marien. Zu den vier Kirchen nahmen die Rostocker keinesfalls ein Blatt vor den Mund: Marien reich, Jakobi gleich, Nikolai arm, Petri Gott erbarm, reimten sie spitzbübisch.

Der dreischiffige Backsteinbau von sechs Jochen (Raummaß für die Größe mittelalterlicher Kirchen) war kreuzrippengewölbt, hatte aber keine Querschiffe. Durch das Satteldach über Hochschiff und Chor wurde die Betonung auf einen langen (und mächtigen) Raum gelegt. In spätgotischer Zeit wurden an der Südseite Kapellen angefügt, deren prächtigste wohl dem Rostocker Kröpeliner Tor unweit der Kirche nachempfunden wurde.

Von 1487 bis 1571 wurde St. Jakobi sogar zum Domkollegialstift. Unblutig ging die Sache allerdings nicht über die Bühne. Die Interessen der Stadt und der mecklenburgischen Landesfürsten kollidierten mächtig. Es kam zur Domfehde, die 1491 mit der Niederlage des Rostocker Mitspracherechts (oder der hanseatischen Demokratie) und der Hinrichtung der so genannten Rädelsführer endete. Ein richtiger Dom war Rostocks St. Jakobi natürlich nie, kein Bischof verirrte sich freiwillig an die schlammige Warnow. Allerdings unterstützte das Domkapitel zu katholischen Zeiten Professoren der Universität, vermutlich nur konforme Lehrer.

Ein ganz dunkler Tag war für die stattliche Jakobikirche der 26. April 1942. Nach englischen Bombenangriffen wurden große Teile des Gebäudes vernichtet, das Turmmassiv brannte aus und die Innenausstattung (unter anderem die Stockmann-Renaissancekanzel von 1582, Kruzifix 15. Jahrhundert, Epitaphien aus dem 16. Jahrhundert und Gemälde) gingen für immer verloren. Bereits 1943 wurde St. Jakobi aber baulich gesichert und mit einem Notdach versehen. Im Mai 1947 brach nach der Sprengung des Blücherbunkers an der Langen Straße das Hochschiff mit Pfeilern und Gewölben in sich zusammen.

Der massive Turm blieb als Ruine noch lange stehen. Zahlreiche Fotos zeigen die Reste von St. Jakobi in den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit den Neubauten der Langen Straße. Die sozialistische Prachtstraße nach russischem Vorbild und mit entsprechender Breite wurde dennoch mit Backstein-Reliefs ähnlich denen der Rostocker Kirchen gestaltet. Dennoch kam für die Jakobikirche 1960 die letzte Stunde. Die Reste wurden abgerissen und gesprengt - und das Petritor neben der zerstörten Petrikirche am Gründungsplatz Rostocks gleich mit. Heute erinnert ein Gedächtnisplatz zwischen Kaufhäusern an den gewaltigen Bau von St. Jakobi. Über die gelungene oder nicht gelungene Gestaltung des Areals kann man sicher länger streiten. Mittelalterliche Kirchen hatten immer viel Grün im Umfeld. In Rostock setzt man häufiger auf steril und kostenarm: Steine, Beton und nicht gerade zum Sitzen einladende Bänke.

 

 

 
   
 
© 2004 Berth Brinkmann
 
   
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