Ostsee Anzeiger 22. 08. 2001

Das Nordostportal von St. Marien

"Söben Doern to Sint Marien Kark", heißt es gleich in der ersten Zeile der berühmten Rostocker Kennewohrn. Das aber war vor Zeiten. Inzwischen verfügt die Rostocker Marienkirche nur noch über vier Portale, von den beiden kleinen Pforten an der nördlichen und südlichen Seite des Westwerks einmal abgesehen.

Es ist anzunehmen, dass es in der wuchtigen Fassade des Turmbaus neben den beiden vorhandenen noch ein mittleres Portal gegeben hat. Das Mauerwerk deutet jedenfalls darauf hin. Die beiden anderen Portale führen in das südliche und nördliche Seitenschiff. Zwei weitere befanden sich jeweils östlich davon zu Beginn des Chorumgangs im Norden und Süden. Schon vor längerer Zeit aber wurde das Portal in der Südwand zugemauert. Die auf unseren Vergleichsfotos abgebildete Situation im Nordosten zeigt, dass das dortige mit dem Jahr 1730 datierte Barockportal 1989 noch an seinem Platz war. Zu sehen ist auch noch das davor gestellte Gitter. Es war allerdings in reichlich schlechtem Zustand. Inzwischen fand dieses Gitter seinen Platz vor dem einstigen Südostportal. Schmiedemeister Oldenburg aus Gressow bei Wismar hatte es sorgfältig erneuert und aufgebaut.

1995 wurde das Nordostportal zugemauert. Besonders glücklich ist mit dieser Entscheidung niemand. Doch die Umstände machten den Schritt erforderlich. Zum einen war das Portal ob seiner bescheidenen Stabilität ein steter Unsicherheitsfaktor. Zum anderen benutzte der eine oder andere Bürger die Ecke zur Entledigung seiner wässrigen Leibesprobleme. Das dadurch arg in Mittleidenschaft gezogene Holz hätte den "Stress" auf Dauer nicht durchgehalten. So fand die wertvolle Schnitzarbeit also im Inneren der Kirche einen neuen Standort, an dem sie sich, einmal "trockengelegt", gut erholt hat. Dort ist sie an der Innenseite des Portals zu sehen.

Im Zusammenhang mit dem Schließen des Portals erneuerten die Mitarbeiter des Arbeitsförderungswerks (AfW) das Mauerwerk und sanierten auch die rechts daneben gelegene Mauernische. Diese Nische war für das Armen-Seelen-Licht des Friedhofs bestimmt, besaß aber schon zu Zeiten Schlies um 1900 keinen Schmuck mehr. Die noch vorhandene Stütze hielt einen Christus am Kreuz.

Auf lange Sicht gesehen soll für das Portal eine andere Lösung gefunden werden. In absehbarer Zeit ist dieser Gedanke aber nicht umzusetzen.

 

Das Nordostportal 1989.


Das Nordostportal 1999.