Ostsee Anzeiger 13. 02. 2002 |
Kultur für die ganze Stadt Über Jahrhunderte hinweg bestimmten die vier großen Kirchen St. Petri, St. Nikolai, St. Jakobi und St. Marien die Silhouette Rostock. Das änderte sich erst mit den tiefen Einschnitten des Zweiten Weltkriegs. Während die drei erstgenannten Kirche schwer beschädigt und die Reste von St. Jakobi später abgerissen wurden, blieb die Marienkirche nahezu unbeschadet erhalten. Dass wir dies auch dem beherzten Eingreifen des Kirchendieners Bombowski, seiner Tochter und anderen mutigen Menschen zu verdanken haben, ist vielen Rostockern bekannt. Der Anblick des majestätischen gotischen Gotteshauses über den Trümmern der Stadt verleitete jedoch zu dem trügerischen Schluß, dass die Kirche ja intakt dastünde und also keinen großartigen Erhaltungsbedarf haben könne. Doch das erwies sich als Irrtum. Eine Kirche derartigen Ausmaßes ist oder sollte eigentlich immer Bauplatz sein, wenn sie erhalten bleiben soll. Das wusste auch der damalige St.-Marien-Pastor Ulrich Nath. Er kannte die Nöte der Kirche. Besonders Sanierungsarbeiten an Dach und Dachstuhl standen ganz oben auf der Liste der Erfordernisse. Sie vor allem galt es in Angriff zu nehmen, bevor an anderes zu denken war. Dafür aber boten sich 1990 bislang so nicht vorhandene Möglichkeiten. Pastor Nath hatte die Idee, einen Förderverein mit der Zielstellung, Bürger und Institutionen für Spenden zu gewinnen, ins Leben zu rufen. Im April des gleichen Jahres wurde der Förderverein “Stiftung St.-Marien-Kirche zu Rostock” e.V. gegründet. Seither konnte der Förderverein 664 000 Mark an Spenden einwerben, die für Sanierungs- und Sicherungsarbeiten an der Marienkirche ausgegeben wurden. Das sind rund sieben Prozent der seit 1992 verbauten Summe von 8,8 Millionen Mark, die heute einen Wert von 4,5 Millionen Euro verkörpert. Diese Mittel kommen vom Bund, vom Mecklenburg-Vorpommerschen Kultusministerium und von der Hansestadt Rostock als Fördermittel, was 46 Prozent der Gesamtsumme ausmacht. 51 Prozent fließen aus Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und aus Eigenmitteln der Kirche. Die rund 50 000 Mark oder 25 000 Euro jährlichen Leistungen aus den vom Förderverein aufgebrachten Mitteln wurden für diverse Finanzierungsaufgaben eingesetzt. Die wesentlichsten Objekte waren die vorgenommene Erneuerung der gotischen Gewölbe einschließlich der barocken Ausmalung mit einem Anteil von 170 000 Mark, die Restaurierung des Marienteppichs 1996 mit 173 000 Mark als bislang größtem Posten. Die im Jahre 2000 vorgenommene Erneuerung der beiden Westportale wurde mit 46 000 Mark gefördert. Einen wesentlichen Anteil daran trug die Jahresköste des Rostocker Kaufmannschaft. Und schließlich steuerte der Förderverein im vorigen Jahr 20 000 Mark für die Neueindeckung des Daches über dem Hauptschiff bei. Für das Jahr 2002 steht die Erneuerung des Erbbegräbnisses der Familie von Heinen an. Die Sanierungskosten tragen die Ostdeutsche Sparkassenstiftung, die OstseeSparkasse und weitere Spender. Die Mittel des Fördervereins kommen also aus Mitgliedsbeiträgen und aus Spenden von Privatleuten und Firmen. Ihnen allen gilt der Dank der Vereinsmitglieder für das Engagement in Sachen St. Marien. Im Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden Frank Sakowski fiel das Wort vom Kleinvieh, das bekanntlich auch Mist macht. So gesehen geht es also um jede Mark und diesbezüglich auch um jedes willkommene Mitglied. Die Aktivitäten des Fördervereins, dem heute 49 Mitglieder angehören, bewegen sich zwischen mehreren Veranstaltungen. Jeweils am zweiten Mittwoch eines jeden Monats trifft sich der Vorstand um 17 Uhr in der Bude am Gemeindehaus Am Ziegenmarkt 4. Dazu ist jedermann willkommen. Und einmal jährlich gibt es eine Mitgliedervollversammlung. Darüber hinaus vermitteln verschiedene Veranstaltungen Einblicke in St. Marien. So wird der deutschlandweite Tag des offenen Denkmals im September für die Marienkirche vom Förderverein gestaltet. Und schließlich werden auch besonders interessante Projekte öffentlich vorgestellt. Vom Verein herausgegebene Publikationen wie “Die Fünte zu St. Marien” von Ulrich Nath und “Die Orgel der St.-Marien-Kirche” von Ulrich Nath und Joachim Vetter schrieben die Autoren kostenlos. Auch das ist dankenswerte Vereinsarbeit. Die Rostocker Marienkirche ist zweifellos in erster Linie ein Gotteshaus evangelischer Christen. Darüber hinaus verkörpert die Marienkirche aber auch ein bedeutsames Stück Rostocker Stadtgeschichte. Der auch finanzielle Einsatz für die Kirche geht also weit über ihre christliche Bedeutung hinaus. Die Marienkirche als christliches, aber auch stadtgeschichtliches und kulturelles Zentrum zu begreifen ist eines der Anliegen des Fördervereins. |
Frank Sakowski und Klaus Niebuhr beim unausweichlichen Papierkrieg. |
Das Gewölbe über dem Erbbegräbnis der Familie |