Rostocker Blitz vom 27.03.2005

Rostocks größtes gotisches Bauwerk

Ostern auf der Kalenderscheibe der Astronomischen Uhr in St. Marien

Der gelegentlich gar nicht mehr feierliche Trubel zur Weihnachtszeit lässt mitunter in Vergessenheit geraten, dass eigentlich ja Ostern das bedeutendste Fest der Christenheit ist. "Sie feiern die Auferstehung des Herrn" lässt Goethe denn auch seinen Faust im Osterspaziergang jubilieren.

Nun ist Ostern jedoch ein "bewegliches" Fest. Der Ostersonntag fällt stets auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond. Daraus ergibt sich die gesamte Berechnung des Festes, was für das Kirchenjahr von großer Bedeutung ist. Nach den vorgegebenen Mondphasen fällt Ostern damit immer auf den Zeitraum zwischen dem 22. März und dem 25. April. Der daraus zu berechnende Osterzyklus beginnt 47 Tage vor dem Fest mit Fastnacht und endet mit Trinitatis 56 Tage und Fronleichnam 60 Tage nach Ostern. Fastnacht kann also frühestens am 3. Februar und spätestens am 9. März beginnen, Pfingsten fällt entsprechend auf die Zeit zwischen dem 10. Mai und dem 13. Juni.

Das alles lässt sich auch auf der Astronomischen Uhr in St. Marien ablesen. Schließlich ist die Darstellung des Kirchenjahres, das also maßgeblich vom Osterdatum bestimmt wird, eine wesentliche Aufgabe der Uhr. Seit 1472 gehört sie zur Ausstattung der Marienkirche. Viele Generationen nahmen ihre Dienste in Anspruch. Zu bedenken ist sicher auch, dass in den damaligen Zeiten persönliche Uhren längst nicht so selbstverständlich waren wie heute. So hatte die Uhr auch für das einfache Kirchenvolk eine nicht zu unterschätzende Rolle zu erfüllen. Neben der Uhrzeit vermittelt die Astronomische Uhr Daten wie Wochentage des laufenden Jahres, aber auch der zurückliegenden und zukünftigen Jahre, die Tag- und Nachtdauer sowie die Zeit der Sonnenaufgänge. Für den heutigen Wechsel von Sommer- und Winterzeit wird sie per Hand umgestellt, in diesem Jahr übrigens am Osterwochenende.

Entscheidend aber ist das Kirchenjahr. Für die beschriebene Aufgabe ist die Kalenderscheibe unterhalb des Zifferblattes "zuständig". Sie ist seit 1643 mit denselben Datenarten ausgestattet. Jede Scheibe hat eine Gültigkeit für 133 Jahre. Die derzeitige Rostocker Kalenderscheibe wurde 1885 angebracht und hält bis 2017 alle erforderlichen Osterdaten bereit und das gleich mit drei verschiedenen Möglichkeiten.

Wie zu Anfang erzählt, kann auf der Scheibe anhand des Osterdatums Fastnacht und umgekehrt von da aus das Osterfest ermittelt werden. Es wird angenommen, dass man mit dieser Doppelung der Bedeutung des Osterfestes für das christliche Jahr gerecht werden wollte. Als dritte Variante sind auch noch alle im Mittelalter genutzten Berechnungen dargestellt. Es sind dies der Wiederholungszyklus des 28jährigen Sonnenzirkels, die Goldene Zahl, der 19jährige Wiederholungszyklus der Mondphasen, in dem gleiche Mondphasen auf das gleiche Datum fallen sowie die Sonntags- und Tagesbuchstaben.

Auch der Zeitraum zwischen Weihnachten und Fastnacht lässt sich in Wochen und Tagen ablesen.

Die nächste Kalenderscheibe ist ab dem Jahr 2018 erforderlich. Prof. Dr. Manfred Schukowski, der die Uhr seit vielen Jahren nicht nur wissenschaftlich betreut sondern auch zahlreiche Publikationen dazu veröffentlichte, berechnete die Daten für die dann bis 2150 gültige Scheibe und übergab sie der Gemeinde bereits 1994.

 

Die astronomische Uhr im Chorumgang der Marienkirche.


Detail der Kalenderscheibe mit den für die Festberechnung
erforderlichen Daten.