| Restaurierungsarbeiten  sicherten das GedenkkreuzEin Ehrenmal in St. Marien zu  Rostock
 In der ehemaligen  mittelalterlichen Ratskapelle der Marienkirche steht das Kruzifix eines  Ehrenmales für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, das neben Christus am Kreuz  weitere Figuren umfasste. Das Ehrenmal wurde am 22. April 1923 feierlich  übergeben. Es sollte an die Gefallenen Mitglieder der St.-Marien-Gemeinde  erinnern. Sein Schöpfer war der zweiundzwanzigjährige Rostocker Bildhauer  Walter Rammelt. Links und rechts des in der Mitte stehenden Kreuzes befanden  sich Tafeln mit Bibelsprüchen.  Dazu  kamen vier senkrecht stehende Grabsteine, auf denen jeweils ein Soldat stand.  Sie symbolisierten einen Landsturmmann, einen Landwehrmann, einen aktiven  Soldaten und einen jungen Kriegsfreiwilligen. Zwischen den Soldaten hingen  Tafeln mit den Namen der Gefallenen.Am Fuß der Kapelle steht ein  Gedenkbuch für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs, das der Rostocker  Künstler Thuro Balzer geschaffen hat. An den Wänden hängen zwei Bilder des  Rostocker Malers Egon Tschirch, die Christus bei Pilatus und das im Krieg  zerstörte Rostock mit der erhalten gebliebenen Marienkirche zeigen. Außerdem  erinnert eine Gedenktafel an den Turmdiener Friedrich Bombowski, der im Oktober  1942 gemeinsam mit seiner Tochter und anderen Helfern die Kirche vor der  Brandzerstörung durch Bombenangriffe gerettet hat. So ist in der Kapelle eine  einzigartige Sammlung von Kunstwerken zu sehen, die uns an die Opfer der beiden  Kriege erinnert und zum Innehalten mahnt. Über allem steht das 1893 geschaffene  Glasmalereifenster, dass die Auferstehung Christi zeigt.
 1922 hatte ein  Preisrichterkollegium einstimmig für den Entwurf Rammelts, der seit Kriegsende  in Rostock lebte, gestimmt und ihm den ersten Preis zuerkannt. Die Soldaten  vermittelten einen eher derben Ausdruck, der nicht unwidersprochen blieb.  Zeigte der Kriegsfreiwillige noch ein Lächeln angesichts der vermeintlich  glorreichen Aufgabe, waren den beiden außen stehenden alten Kämpfern die Leiden  des Krieges ins Gesicht geschrieben. Besonders jene Kriegsgläubigen und  kaisertreuen Altmilitärs, die noch immer an den Sinn des Krieges glaubten,  übten laute Kritik. Dennoch stand das Kunstwerk nun in der Marienkirche.
 
 Dass es die Zeiten nicht  vollständig überdauern würde, war damals noch nicht abzusehen. Drei Jahre nach  dem Machtantritt der Nationalsozialisten änderte sich das Bild. Im Januar 1936  kam es zu einer Besprechung zwischen den Kirchenvorstehern der Marienkirche und  Rostocks damaligem Oberbürgermeister Volgmann. In dessen Ergebnis sollte  zunächst versucht werden, eine Veränderung des Denkmals in Angriff zu nehmen.  Auf Empfehlung von Oberregierungs- und Baurat Adolf Friedrich Lorenz vom  Landesamt für Denkmalpflege sollten die vier Soldaten von den Grabsteinen  genommen und stattdessen auf Wandplatten gesetzt werden. Das Ehrenmal würde  sich, so hieß es, besser in die Kirche einfügen. Doch dazu kam es nicht. 1937  beschied der nunmehrige Direktor des Landesdenkmalamtes Arthur Pries, dass das  Ehrenmal „entartete Kunst“ und folglich zu entfernen sei. Die vier Figuren  sollten durch Schwerter und Opferschalen ersetzt werden. Aus Geldmangel der  Gemeinde wurde die Umgestaltung, die vom Rostocker Bildhauer Ernst Wossidlo  vorgenommen werden sollte, nicht ausgeführt. Die Figuren der Soldaten aber  wurden entfernt. Aus Akten des Stadtarchivs geht hervor, dass sie im August  1940 als „bereits entfernt“ an das Bauamt gemeldet wurden. Im Kapellenboden  sind noch die Abdrücke der Soldatenfüße zu sehen.
 Ausführlicher kann über diese  Geschichte in einer Arbeit von Bodo Keipke in den „Beiträgen zur Geschichte der  Stadt Rostock“, Band 28, 2006, nachgelesen werden.
 
 Das erhaltene Kruzifix wies  mit den Jahren Schäden auf, die nun repariert werden mussten. Dazu mussten der  rissige Putz und lose Steine aus dem Kreuz entfernt und neu eingefügt werden.  Der Berliner Restaurator Thomas Schubert untersuchte zunächst die  Beschaffenheit des Materials. Es sah auf den ersten Blick wie Naturstein aus.  Dann aber stellte sich heraus, dass der Kern aus Ziegelsteinen gemauert war,  der mit steinmetzmäßig behandeltem Putz verkleidet wurde. Klaffende Risse am  Kreuz wiesen auf die Schadhaftigkeit hin. Sie wurden durch 1923 eingestellte  Eisen hervorgerufen, die nun verrostet waren. Nach vorsichtiger Abnahme und  Bergung des Putzes lag die verrostete Tragkonstruktion frei. Der Restaurator  ersetzte die alten Eisen durch Edelstahl. Die Putzstücke wurden mit einem  Kleber zusammengefügt und wieder in das Kreuz eingefügt. Es ist das einzig  erhaltene Ehrenmal für Gefallene des Ersten Weltkriegs in Rostock.
 Finanziert wurden die  Arbeiten am Kreuz von der Evangelisch-Lutherischen Innenstadtgemeinde.
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