Marienkirche Rostock Bleiglasmalereifenster "Christi Himmelfahrt", sX
Projekt
Bezeichnung, Standort und Analyse
In der Rostocker Marienkirche befindet sich in der Eisatzkapelle (Pastorensakristei) des südöstlichen Seitenschiffs (SI, sX) ein dreibahniges Glasmalereibild, genannt: "Christi Himmelfahrt".
Das Bild befindet sich wohl ab der siebziger Jahre in diesem Fenster (Ausführung des Einbaus, Produktionsgenossenschaft PGH der Glaser, Rostock).
Aus der Überlieferung ist bekannt, dass etwa ab 1893 durch die Kirchenvorsteher (insbesondere Friedrich August Mann) die Marienkirche mit Glasmalereibildern der Tiroler Glasmalereiwerkstätten Innsbruck ausgestattet wurde. Erhaltene Beispiele sind die sogenannten Mannschen Fenster, die Chorfenster, das Südportalfenster, Christi Auferstehung in Fenster sVII. Alle ab 2002 unter Anleitung des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege (Herr Hösel und Restaurator Voß, am 04.12.12 verstorben) und der Glasmalereiforschungsstelle Potsdam der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Herrn Dr. Martin restauriert. Diese Großprojekte wurden durch den Förderverein, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die Oetkerstiftung möglich. An der Ausführung der Restaurierung maßgeblich beteiligt, die Glasmalereiwerkstatt Fred Krönke aus Dresden. Insofern existiert an St. Marien ein großer Fundus an Erfahrungen zur Restaurierung von Glasmalereien.
Weiterhin ist aus der Überlieferung bekannt (bruchstückhafte Fotos), dass der Kapellenkranz bis nach dem Zweiten Weltkrieg in den großen Mittelfenstern der Kapellen mit einem wohl stark beschädigten Bilder- Zyklus zu dem Leben Jesu Christi ausgestattet war. (Angeblich sollen diese Bilder bis auf Christi Auferstehung und Christi Himmelfahrt bei der Sprengung der Häuserruinen der Marktnordseite (wann nach 1945?) herausgefallen und weggeworfen worden sein. Bisher wurden noch keine weiteren Forschungen zum Sachverhalt und zum Verbleib angestellt.
Übriggebliebene Fragmente von Buntverglasungen der schmaleren Kapellenseitenfenster mit Teppichfliesenornamenten wurden notdürftig repariert und wieder eingebaut. Letzte Reste der Malereifenster erst 2003 in zerstörtem Zustand in einem Kirchgebäudekeller (ehem. Buchhandlung) wiedergefunden und im Nordquerhaus als Fragmente restauriert, eingebaut.
Alle Kapellenfenster erhielten nach 1945 unter großen Anstrengungen Verbretterungen oder Drahtglas (Fotos verweisen darauf) und dann nach und nach Rautenbleiglasverglasungen (70er Jahre) aus Fensterglas oder Antikglas (Weißwasser).
In der nachfolgenden Phase wurde Christi Himmelfahrt mit äußerer Schutzverglasung aus Rauten- Antikglas in der jetzigen Form in sX eingebaut (Der damalige Einbau einer Schutzverglasung war schon fortschrittlich). Der Wiedereinbau muß sehr hoch eingeschätzt werden, da dadurch das Fenster gesichert wurde (hingegen „vagabundierten“ andere Fenster bis zu sechzig Jahren, notdürftig verpackt, in der Kirche umher).
Bei all diesen wichtigen Sicherungen wurde das tragende Fenstermauerwerk (Maßwerk) nur notdürftig gesichert.
Allerdings wurde keine Restaurierung in dem Sinne durchgeführt, dass durch Ergänzung der Glasmalerei (was auch damals schon möglich war) eine Vervollständigung durchgeführt wurde, sondern es blieb den Glasern überlassen, wie sie Fehlstellen durch gefärbtes Glas ersetzen. (das soll nun in der jetzigen Phase richtiggestellt werden).
Zustandsbeschreibung
Zur Gestaltung und Ausführung verbleibt zum Vergleich leider nur das einzige vierbahnige Fenster „Christi Auferstehung“ aus dem Zyklus. Schon vier Bahnen und drei Bahnen lassen sich schwer vergleichen.
(Da nicht bekannt, sondern nur geahnt werden kann, welche Themen die anderen Bilder hatten und Christi Auferstehung als vierbahniges Fenster nur im Fenster der Kapelle SOII sein kann, weil dieses Fenster als einziges ein solches Maßwerk hat, könnte auch die erste Einsatzkapelle des Südseitenschiffs mit Christi Himmelfahrt, wenn es denn dieses Thema ist, vom Ablauf her einbezogen sein.
2012 erhielt der Verfasser von einem Herrn Fussenegger aus Österreich, der sich mit dem einhundertfünfzigjährigen Jubiläum der Glasmalereiwerkstatt Innsbruck beschäftigte (1861-2011) und nach Rostock gereist war, einige Unterlagen zu den Geschäftsbeziehungen, die heute grob für diese Ausarbeitung ausgewertet wurden.
Leider gelang es nicht durchgehend, alle Fenster im Kapellenkranz ganz genau zu lokalisieren. Die Fenster waren anders bezeichnet und sind deshalb vielleicht schon damals etwas durcheinandergekommen. Jedoch scheint die Aufstellung logisch. (Weitere Forschung ist notwendig.)
Aufstellung der Malereititel von Nord nach Süd:
nX (alt Nr. 1), Geburt Christi, 04.08.1898, Datum der Notiz
nVII (alt Nr.4), Taufe Christi, 04.08.1898, Datum der Notiz
nIV (alt VII), Verklärung Christi auf dem Berge Tabor,22.02.1895, Datum der Notiz
I (alt Nr.10), Kreuzigung, 19.06.1896, Datum der Notiz
sIV (alt Nr.13), Grablegung Christi, 19.06.1896, Datum der Notiz
sVII (alt Nr.16) Auferstehung Christi, 22.02. 1895, Datum der Notiz, Bild ist genau da, wo es auch heute ist.
sX (alt Nr.19) Himmelfahrt, 22.02.1895, Datum der Notiz, Bild ist genau da, wo es auch heute ist.
Die Daten der Notizen können als Anhalt für die Eibauzeit dienen. In den Notizen wurde auch die Bestellung der Verglasungen der Begleitfenster mit Teppichfliesen (Tapisserie) aufgeführt. Siehe Plan mit Eintragungen. (Ein Gespräch mit Herrn Pastor em. Ulrich Nath ergab, dass er schon länger diesen Zyklus kennt)
Bestandteile des Fensters
In Christi Himmelfahrt wurden sechsunddreißig Bleiglasscheiben eingesetzt. Die Basis bilden neun Teppichfliesentafeln (mit in für St. Marien oft auftauchendem Eichenlaub). Sie scheint nachträglich zu sein, weil dort im Vergleich eine neogotische Architekturgestaltung hingehört. Sieben Felder darüber zeigen figürliche Darstellungen vor einer Landschaft mit Stadt, wobei die untere Reihe wie abgeschnitten wirkt. Unter Christus ein Felsengrab? In den Figuren sind einzelne nachträgliche, irgendwie unpassende Verglasungsstellen auszumachen (meist Gewänder), siehe Abbildung. Über Christus und seitlich erhebt sich, wie bekannt, eine neogotische Arkadenarchitektur, die wie gewohnt in Teppichfliesenornamente übergeht.
Aufgabe der Restaurierung wird es auch sein, bei Beibehaltung der jetzigen Gliederung, die nichtpassenden Fensterdetails festzustellen, zu dokumentieren und in Abstimmung, nach Anfertigung von Skizzen nach Beratung fachgerecht zu verändern.
Der weitere Zustand des Bildes scheint durch die vorhandene äußere Schutzverglasung der 70er Jahre erträglich zu sein. Er wird nach bewährten Verfahren dokumentiert.
Die Restaurierung dieses Bildwerkes schließt nun nach elf Jahren die Restaurierung aller noch vorhandenen Bleiglasmalereien der Rostocker Marienkirche ab und sichert eine lange Standsicherheit ab.
Denkmalpflegerische Anforderungen, Materialien und Konstruktion
Das Bild wird nach den bereits an St. Marien eingeübten Verfahren der Glasmalereiforschungstelle Potsdam… restauriert. Alle Arbeiten werden durch den Ausführenden dokumentiert.
*Ausbau der Glasmalereitafeln, in einem späteren Projekt wird die äußere Schutzverglasung aus Antikglas beibehalten und aufgearbeitet, Einbau innere Bleisohlbank;
*Behutsame Reinigung in der Werkstatt;
*Restaurierung der einzelnen Glasmalereitafeln entsprechend der festgestellten Schäden (Glas, Glasmalerei, Bleinetz, Risse, Malerei) in den vorgegebenen Techniken der Befunde im Bestand;
*Einfassung der restaurierten Tafeln in Kupfer- U- Blech und Befestigung von Sturmstangen mit Bleihaften zur Rolle gebunden und Anlöten von Bleistreifen zur Lichteinfallabdeckung und Luftzugsicherung;
*Abnahme des Restaurierungsergebnisses der restaurierten Tafeln durch LfKD (Herr Hösel mit ihm besprochen);
*Wiedereinbau der Tafeln auf Abstand 7,00 cm, in die neu hintergesetzte Halterung aus Bolzen, Schienen und Deckschienen aus Edelstahl V4A (H 3,5cm, d 0,5 cm). Untere Reihe und obere
Spitzbögen und Zwickel auf Hinterlüftung gesetzt.
Bei Notwendigkeit wird die Projektzielstellung ergänzt. |