Weitere Bilder der Fünte
Für den Verfasser überraschend, stellte sich heraus, daß die Taufe früher eine Fassung trug und nicht bronzesichtig war. Was anderen nicht unbekannt war, siehe weiter unten.
Bei der Durchsicht des Zusammenfassungsbuches zu den Rechnungen der Marienkirche stieß der Verfasser auf eine für ihn sehr interessante Eintragung zu 1887.
Sie heißt: „… die alte Bronce Taufe von der Farbe gereinigt…“ (1).
(1886 war schon an den Beichtstühlen die Farbe entfernt und der Rochusaltar „restauriert“ worden, (siehe 1, Jahr 1886).
In der grundlegenden Broschüre des Fördervereins „Stiftung St.- Marien- Kirche zu Rostock e. V.“, „Die Fünte der St. Marienkirche zu Rostock“, schreibt der Verfasser Pastor Ulrich Nath (31.01.1932-03.02.2015) auf Seite 6 schon von der Fassung der Taufe: „Im vorigen Jahrhundert hatte man die gesamte Fünte vergoldet und die Figuren weiß bemalt…“ (2).
Das fußte auf einem Artikel von G.C.F. Lisch von 1864, „Das bronzene Tauffaß von 1290 in der Marienkirche zu Rostock“: „…Das Metall des ganzen ist eine helle Bronze. Leider sind in jüngern Zeiten die Flächen vergoldet und die Figuren weiß übermalt“ (3). Georg Christian Friedrich Lisch (23.09.1801- 22.09.1883) sah die Taufe der Marienkirche also noch angestrichen.
Das Bemalen und oder Vergolden von Bronzetaufen war früher jedoch nicht unüblich, Hinweis des Rostocker Stadtarchäologen Ralf Mulsow und einige wenige erhaltene Beispiele in Wikipedia unter:
„Gotische Bronzefünten in Nordostdeutschland und Polen“, z. B. Dom zu Ribe und St. Martini Halberstadt, wobei so nicht ersichtlich ist, von wann die Vergoldung/ Bemalung dieser Beispiele ist (4 und allgemein zu Farbe und Mittellalter 5).
Bisherige Fundstellen in Akten der Marienkirche zur Fassung der Fünte
1843
Zur Bemalung heißt es 1843 in Aufstellung der Rechnungen, der Kirche von 1843 zur Vergoldung und Bemalung:
„Rostock den 29 Merz 1843 N;212
Rechnung Herrn Peters …ohgs(?) Vorsteher St Marienki..
(Gedruckt) von Wilhelm Collignon, Hof- Vergolder.
Die Krone des Taufsteins mit dem darauf befindlichen Vogel, (früher war also die Fünte oben vergoldet)
u dem auf der Kanzel befindlichen Kelche; 8 I 8
Summe 8rs I 8?...“
(Es ist nicht aufgeschrieben, welche Vergoldungsart angewendet wurde, da aber auch auf die hölzerne Kanzel verwiesen wurde, könnte es die Polymentvergoldung oder eher die Ölvergoldung gewesen sein?)
und
„Rechnung
Von A. Mauritzen
Für gelieferte Malerarbeiten an die St. Marien Kirche, hieselbst N.261
Quadratmeter als Zeichen, Rthlr, s
…
Die Taufe zu Malen und Marmorieren 16,-
…Rostock:12May 1843…………..455,45 Quittier dankend.“
Aus Archiv der Ev.- Luth. Kirche in Norddeutschland, Außenstelle Schwerin, Rostock (1).
Diese Rechnungszitate von 1843 sagen in Nuancen allerdings zur Fassung etwas anderes aus, als die Beschreibung von Lisch 1864. Eine Rechnung von 1843 zur Gesamtvergoldung der Taufe wurde bisher nicht gefunden. Sondern Bemalung und Marmorierung als Vorstellung eines Marmorbehältnisses und nur der Knauf mit dem Adler wurde vergoldet. (dessen im II. WK verlorene Adlerflügel wurden zuerst in Holz und dann in Bronze ergänzt). Vermutlich war die Vergoldung der Fondsflächen noch intakt und es wurden nur die Figuren und Ornamente bemalt. Gab es in den dazwischenliegenden 21 Jahren bis 1864 noch einen Anstrich? Das scheint unwahrscheinlich.
Eine Arbeitsthese des Verfassers ist, daß 1843 eine Fassung aufgebracht wurde, die ihren Ursprung im Barock hatte. Wie war die Fassung vor 1843?
Der Verfasser konzentrierte sich auf die Rechnungslegung der Jahre 1721-1724, die Zeit der großen barocken Umgestaltung in St. Marien. Leider fand sich bisher kein Hinweis auf eine barocke Fassung der Fünte, man müßte dazu mit hohem Aufwand alle Rechnungslegungen durcharbeiten.
1613
Der nächste Hinweis ergab sich im Zusammenfassungsbuch zu den Rechnungsbüchern: „1613 Der Taufstein neu vergoldet…“ (1). In dieser Zeit wurde wohl eine schon vorhandene Vergoldung erneuert? Leider gibt es keinen Hinweis auf Bemalung. Der Verfasser vermutet (spekuliert), daß die Relieffiguren dagegen polychrom gestrichen waren. Man griff 1613 wohl etwas auf, was schon vorhanden war.
Jede Vergoldung muß durch eine Oberflächenvorbehandlung vorbereitet werden. Es sind Vergoldungsarten mit Blattgold möglich, wegen der Feinheit der Oberfläche kann auch eine Feuervergoldung erfolgt sein. (Siehe Internet, Wikipedia, Stichwort mittelalterliche Vergoldungen.)
Die Vergoldung mit dem edelsten Metall was es gab, erhöhte die Bedeutung des Taufgefäßes (siehe 6).
1887
Im Zusammenfassungsbuch der Rechnungsbücher:
„…die alte Bronce Taufe von der Farbe gereinigt…“(1).
Dazu die Rechnung:
„Die St. Marien Kirche hieselbst Nro 85 Deters
An Auslagen bei Reinigung
des Taufgefäßes M 22
Betrag empfangen
Rostock.. 6 September 1887 Koch“ (1).
In diesem Jahr wurde alles was sich auf der Bronzeoberfläche befand, entfernt und der jetzt vorhandene Zustand hergestellt. (Vermutlich würde man mit feinen wissenschaftlichen Methoden in den Punzierungen oder Ecken der Fünte die Farbschichten identifizieren können. Vergoldungsreste und Farbreste sind aber auch mit bloßem Auge zu sehen.)
Gedanken zur Benutzung der Fünte
Pastor Nath verweist in der Broschüre darauf, daß vier kräftige Männer nötig sind, um den Deckel abzuheben (2, S. 6). Dem dienen gewiß die vier großen Ösen, durch die man Stangen oder Seile als Hebehilfe stecken oder ziehen kann.
Weiter schreibt er:
„Früher, als die Fünte noch regelmäßig benutzt wurde, hing der Deckel …an einer Kette, die durch eine Öffnung im Gewölbe zu einem Gegengewicht führte, so war es verhältnismäßig einfach,…zu öffnen und zu schließen.“ (2, S.6).
Am frühesten Standort, der nordwestlichen Turmkapelle befindet sich ein Spitztonnengewölbe, das äußerlich keine Öffnung in der Decke aufweist, während die nordwestliche Turmhalle im Gewölbeschlußbereich des Kreuzrippengewölbes eine Öffnung und oberhalb des Gewölbes Fragmente einer grobkeramischen Plattenpflasterung aufweist.
Sieht man sich die kegelf örmige Gestaltung des Deckels mit dem Adlerabschluß an, kann sich der Verfasser eine Zug-und Hebevorrichtung, befestigt an den vier Ösen des Deckels, nicht vorstellen. Der Knauf und Adler wären einfach im Wege gewesen. Ketten oder Seile kommen nicht an ihm vorbei. Ohne Knauf und Adler wäre es jedoch möglich. Dieses Problem wurde nochmals an der Fünte überprüft und es zeigte sich, daß der obere Teil der Spitze (mit den drei Frauenfiguren, Pastor Naht deutete Glaube, Liebe Hoffnung, darüber Knauf mit Adler) abnehmbar war. Heute wird diese abnehmbare Spitze mit neuen Eisenbolzen gesichert.
Quellen:
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Archiv der Ev.- Luth. Kirche in Norddeutschland, Außenstelle Schwerin, Rostock. Zusammenfassungsbuch (handschriftlich) „Notizen zu den Rechnungsbüchern der St Marien Kirche …“ zu den Rechnungsbüchern der Rostocker Marienkirche von 1592- 1895, Verfasser unbekannt, Jahr 1843, 1887 und 1613.
Und Rechnungen und Rechnungsbücher der Marienkirche.
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Broschüre des Fördervereins „Stiftung St.- Marien- Kirche zu Rostock“, „Die Fünte der St. Marienkirche zu Rostock“, ohne Datum, nach 1994, vom ehemaligen Pastor der Marienkirche Ulrich Nath (31.01.1932-03.02.2015), Seite 6 u.a.
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Georg Christian Friedrich Lisch „Das bronzene Tauffaß von 1290 in der Marienkirche zu Rostock“ in Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde…“, 29. Jahrgang, Stillersche Hofbuchhandlung Schwerin, 1864. Im Kirchenarchiv der Marienkirche befindet sich eine handschriftliche Version dieses Artikels.
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Wikipedia „Gotische Bronzefünten in Nordostdeutschland und Polen“.
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Ingrid Bennewitz, Andrea Schindler (Hg.), „Farbe im Mittelalter Bd1“, Oldenbourg Akademieverlag, 2011 im Internet: Farbe im Mittelalter: Materialität - Medialität - Semantik https://books.google.de/books?isbn=3050046406.
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Zu Gold und anderen Farben.
Informationen zur Erschließung der Ikonographie des Altars
www.schule-bw.de/unterricht/faecher/kunst/altlasten/.../ikonografie.pdf
„Isenheimer Altar“, 1512/16, Colmar, Unterlindenmuseum ..... Gold ist vor allem die Farbe der Offenbarung des heiligen Geistes, darauf deuten der goldene ...
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Allgemein Interessantes, Internet unter Eichamt Bremen amtliche Informationen, Reinhold Spicha, ehem. Leiter „Waren mittelalterliche Bronzetaufbecken auch verkörperte Raummaße?“, März 2000.
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