Die Mecklenburg-Schwerinsche Landesuniversität in Rostock Ob sich der Schweriner Architekt Hermann Willebrand damals selber auf den Weg nach Italien machte, um dort nach Bauten der Renaissance Ausschau zu halten, ließ sich nicht ermitteln. Der Auftrag wurde von Großherzog Friedrich Franz II. an besagten Hermann Willebrand gegeben. Willebrand war 1839 zum Baukondukteur ernannt worden. 1851 wurde er Hofbaumeister und 1857 Hofbaurat. Mit seinem umfangreichen Wirken war er ein damals schon sehr bekannter Baumeister. In Sachen der Errichtung eines neuen Universitätsgebäudes hatten sich 1864 der Rektor und das Konzil der Universität an den Landesherrn mit dem Ersuchen gewandt, ein neues Bauwerk in Auftrag zu geben. Das Weiße Kollegium, das auf dem Grundstück stand, war baufällig geworden. Auch reichte der Platz für die Aufgaben der Institution nicht mehr aus. Ein Jahr später wurde ein Baugutachten erstellt. 1866 wurde das Weiße Kollegium abgerissen. Willebrand lieferte auftragsgemäß den neuen Bauentwurf. Im März 1867 folgte die Grundsteinlegung für den Neubau, pünktlich zum silbernen Thronjubiläum des Großherzogs. Die Bauarbeiten gingen zügig voran, so dass das Richtfest bereits am 8. November 1867 gefeiert werden konnte. Am 27. Januar 1870 war es dann soweit. Das neue Hauptgebäude konnte feierlich eröffnet werden. Es war nicht nur für den Landesherrn ein Gewinn. Auch für Rostock war der prachtvolle Bau eine architektonische Bereicherung. Der Großherzog hatte sich einen Bau in Neorenaissance gewünscht. Anregungen ließen sich für Willebrand vom Wismarer Fürstenhof und von den Renaissanceflügeln des Schweriner Schlosses einholen. Doch dann war da noch die italienische Renaissance, die den Architekten gedanklich nach Venedig führte. Gab es dort doch die Scuola Grande di San Marco. Der Name irritiert zunächst, handelt es sich doch keineswegs um eine Schule. Vielmehr ist es das prachtvolle Haus der Bruderschaft der Goldschmiede und Seidenhändler aus der Zeit der venezianischen Frührenaissance. Die beiden Gewerke hatten es durch ihr tatkräftiges Schaffen zu einigem Reichtum gebracht und konnten sich entsprechend einrichten. Die Laienbruderschaft war eine von sechs großen Bruderschaften in Venedig und befasste sich mit karitativen und geistlichen Aufgaben. Sie wurde bereits im Jahre 1260 gegründet und zog in der Zeit um 1437 in ihr neues Haus. Am 30. März 1485 wurde das ursprüngliche Gebäude durch ein Feuer zerstört. Die Scuola wurde bis ins frühe 19. Jahrhundert von der Bruderschaft geführt, bis alle Bruderschaften durch Napoleon aufgelöst wurden. 1808 zog ein österreichisches Militärkrankenhaus ein. 1819 wurde daraus ein ziviles Krankenhaus. Das Erdgeschoss ist heute der Haupteingang in die Klinik. Im Obergeschoss gibt es eine medizinische Bibliothek, eine historische Apotheke, eine Sammlung alter chirurgischer Instrumente, das Museum für pathologische Anatomie und das historische Archiv der alten venezianischen Krankenhäuser. Die optische Verwandtschaft dieser Fassade mit der der Rostocker Universität ist schon auf den ersten Blick unverkennbar. Zweifellos hat Willebrand damit eine gute Wahl getroffen.
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